I. Fundamentale Prinzipien und Steuerpflicht

 

Die deutsche Einkommensteuer basiert auf dem Einkommensteuergesetz (EStG) und folgt mehreren Leitprinzipien:

  1. Leistungsfähigkeitsprinzip: Wer wirtschaftlich leistungsfähiger ist (mehr verdient), soll einen höheren Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Dies spiegelt sich im progressiven Steuertarif wider.
  2. Nettoprinzip: Besteuert wird nicht das Bruttoeinkommen, sondern das Nettoeinkommen. Das bedeutet, dass Ausgaben, die zur Erzielung der Einnahmen notwendig waren (z.B. Werbungskosten), vom Einkommen abgezogen werden können.
  3. Welteinkommensprinzip: Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sind unbeschränkt steuerpflichtig. Das heißt, sie müssen ihr weltweites Einkommen in Deutschland versteuern (Doppelbesteuerungsabkommen sind zu beachten). Personen ohne Wohnsitz in Deutschland sind nur mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig.
  4. Individualbesteuerung mit Ehegattensplitting: Grundsätzlich wird jede Person einzeln besteuert. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben jedoch die Option der Zusammenveranlagung, bei der das sogenannte Ehegattensplitting angewendet wird, was oft zu einer geringeren Steuerlast führt.

II. Die sieben Einkunftsarten: Was wird besteuert?

 

Das EStG besteuert nicht jede Einnahme, sondern nur die Einkünfte, die einer der sieben gesetzlich definierten Einkunftsarten (§ 2 EStG) zuzuordnen sind. Man unterscheidet zwischen Gewinneinkünften und Überschusseinkünften.

 

A. Gewinneinkünfte (Ermittlung durch Bilanzierung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung)

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG): Gewinne aus dem Betrieb von z.B. Ackerbau, Viehzucht oder Weinbau.
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG): Gewinne aus kommerziellen, selbstständigen Tätigkeiten (z.B. Handwerker, Händler, Industrieunternehmen). Auf diese Gewinne fällt zusätzlich die Gewerbesteuer an.
  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG): Honorare von freiberuflich Tätigen (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Journalisten, Künstler). Diese unterliegen nicht der Gewerbesteuer.

B. Überschusseinkünfte (Ermittlung durch Abzug der Werbungskosten von den Einnahmen) 

 

4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG): Dies ist die häufigste Einkunftsart und umfasst Lohn und Gehalt von Arbeitnehmern. Abgezogen werden Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten, Fachliteratur), für die ein Pauschbetrag von 1.230 € pro Jahr gilt, sofern keine höheren Kosten nachgewiesen werden. 

5. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG): Zinsen, Dividenden und Gewinne aus Aktienverkäufen. Diese unterliegen meist einer pauschalen Abgeltungsteuer von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Jedem steht ein Sparer-Pauschbetrag von 1.000 € (Alleinstehende) / 2.000 € (Zusammenveranlagte) zu. 

6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG): Einnahmen aus der Vermietung von Immobilien oder der Verpachtung von Grundstücken, abzüglich der damit verbundenen Kosten (z.B. Abschreibung, Zinsen, Instandhaltung). 7. Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG): Eine Sammelkategorie, die u.a. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (z.B. Immobilienverkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist) umfasst.

 

III. Der Einkommensteuertarif 2025

 

Der Tarif ist progressiv, d.h., der durchschnittliche Steuersatz steigt mit zunehmendem Einkommen.

  • Grundfreibetrag: Bis zu einem Einkommen von 11.784 € (für Alleinstehende) fällt keine Einkommensteuer an.
  • Progressionszone 1 (14 % - 24 %): Für Einkommensteile von 11.785 € bis 17.277 € steigt der Steuersatz von 14 % auf 24 %.
  • Progressionszone 2 (24 % - 42 %): Für Einkommensteile von 17.278 € bis 67.667 € steigt der Steuersatz weiter linear auf 42 %.
  • Proportionalzone 1 (Spitzensteuersatz): Für Einkommensteile von 67.668 € bis 283.530 € beträgt der Steuersatz konstant 42 %.
  • Proportionalzone 2 (Reichensteuer): Für Einkommensteile ab 283.531 € beträgt der Steuersatz konstant 45 %.

Für zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner werden alle Betragsgrenzen verdoppelt (Splittingtarif).

 

IV. Steuererhebung: Lohnsteuer und Veranlagung

 

Die Einkommensteuer wird auf zwei Wegen erhoben:

  1. Quellenabzug (während des Jahres):
    • Lohnsteuer: Für Arbeitnehmer behält der Arbeitgeber die Lohnsteuer direkt vom Gehalt ein und führt sie an das Finanzamt ab. Dies ist eine Vorauszahlung auf die jährliche Einkommensteuerschuld.
    • Abgeltungsteuer: Für Kapitalerträge führen Banken die Steuer direkt an das Finanzamt ab.
  2. Veranlagung (nach Jahresende):
    • Durch die Abgabe einer Einkommensteuererklärung wird die endgültige Steuerschuld für das gesamte Jahr ermittelt.
    • Es gibt eine Pflichtveranlagung (z.B. für Selbstständige oder bei Bezug von Lohnersatzleistungen) und eine Antragsveranlagung (freiwillige Abgabe, oft lohnenswert für Arbeitnehmer, um zu viel gezahlte Lohnsteuer zurückzuerhalten).
    • Das Ergebnis des Verfahrens ist der Steuerbescheid, der eine Nachzahlung oder eine Erstattung ausweist.

 

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