
I. Was ist eine E-Rechnung? Eine entscheidende Definition
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft fälschlicherweise jede per E-Mail versandte Rechnung (z.B. ein PDF-Dokument) als E-Rechnung bezeichnet. Nach der neuen gesetzlichen Definition ist dies jedoch nicht mehr korrekt.
Professionelle Definition (gemäß EU-Norm und deutschem Recht): Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht.
Der entscheidende Punkt ist das strukturierte Datenformat. Eine reine Bilddatei oder ein einfaches PDF-Dokument erfüllt diese Anforderung nicht, da die Rechnungsdaten (wie Rechnungsnummer, Betrag, Datum) nicht automatisch von einem Computersystem ausgelesen und verarbeitet werden können. Solche Formate gelten lediglich als "sonstige elektronische Rechnungen".
Rechtliche Grundlage: Die Definition und die Anforderungen an eine E-Rechnung basieren auf der EU-Richtlinie 2014/55/EU und der europäischen Norm EN 16931. Diese wurden in Deutschland in das Umsatzsteuergesetz (UStG), insbesondere in den § 14 UStG, übernommen. Das Wachstumschancengesetz hat die verpflichtende Einführung im B2B-Bereich beschlossen.
II. Die neue Rechtslage in Deutschland: Die E-Rechnungspflicht ab 2025
Seit dem 1. Januar 2025 ist eine tiefgreifende Änderung im deutschen Umsatzsteuerrecht in Kraft, die alle in Deutschland ansässigen Unternehmen im B2B-Bereich betrifft.
1. Die grundsätzliche Empfangspflicht (ab 1. Januar 2025): Seit Anfang 2025 ist jedes inländische Unternehmen verpflichtet, E-Rechnungen, die der europäischen Norm EN 16931 entsprechen, empfangen und verarbeiten zu können. Die Zeit, in der ein Unternehmen den Empfang von E-Rechnungen ablehnen konnte, ist damit vorbei.
2. Die verpflichtende Ausstellung von E-Rechnungen (gestaffelte Fristen): Die Pflicht, im B2B-Verkehr ausschließlich E-Rechnungen zu versenden, wird schrittweise eingeführt:
- Übergangsphase (2025 und 2026): In diesen Jahren dürfen mit Zustimmung des Empfängers weiterhin Papierrechnungen und sonstige elektronische Rechnungen (z.B. PDF per E-Mail) versendet werden.
- Ab 1. Januar 2027: Die E-Rechnungspflicht gilt für Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 800.000 € im vorangegangenen Kalenderjahr.
- Ab 1. Januar 2028: Die E-Rechnungspflicht gilt für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Umsatz.
Ausnahmen: Von der Pflicht ausgenommen sind Kleinbetragsrechnungen (bis 250 €) und Fahrausweise.
III. Formate und Standards für die E-Rechnung
Um die Interoperabilität sicherzustellen, müssen E-Rechnungen einem der normenkonformen Formate entsprechen. In Deutschland sind dies vor allem:
- XRechnung: Dies ist der nationale Standard für Rechnungen an öffentliche Auftraggeber (B2G-Bereich), aber auch ein voll normenkonformes Format für den B2B-Bereich. Es handelt sich um ein reines XML-Datenformat, das keine visuelle Darstellung (wie ein PDF) enthält. Es ist primär für die vollautomatisierte Verarbeitung gedacht.
- ZUGFeRD (ab Version 2.1.1 im Profil EN 16931): ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) ist ein hybrides Format. Es besteht aus zwei Teilen:
- Einer für den Menschen lesbaren Bildkomponente (PDF/A-3-Dokument).
- Einem in das PDF eingebetteten, maschinenlesbaren XML-Datenstrom.
Dieses Format hat den Vorteil, dass es sowohl von Systemen automatisiert verarbeitet als auch von Menschen ohne spezielle Software wie eine normale Rechnung gelesen werden kann.
IV. Vorteile und Herausforderungen der E-Rechnung
Vorteile:
- Prozesseffizienz: Die automatisierte Verarbeitung von Eingangs- und Ausgangsrechnungen reduziert manuelle Eingabefehler, beschleunigt die Freigabeprozesse und verkürzt die Durchlaufzeiten erheblich.
- Kosteneinsparungen: Wegfall von Kosten für Papier, Druck, Porto und manuelle Archivierung. Schnellere Rechnungsbearbeitung führt oft zu einer schnelleren Bezahlung und verbessert die Liquidität.
- Transparenz und Compliance: Ein durchgängig digitaler Prozess schafft einen klaren "Audit Trail" und erleichtert die Einhaltung steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Aufbewahrungspflichten (GoBD).
- Datenqualität: Strukturierte Daten ermöglichen bessere Auswertungen und Analysen für das Controlling.
- Umweltschutz: Einsparung von Papier und Transportwegen.
Herausforderungen:
- Implementierungsaufwand: Unternehmen müssen in geeignete Software investieren oder ihre bestehenden ERP- und Buchhaltungssysteme anpassen.
- Technisches Know-how: Die Auseinandersetzung mit den neuen Formaten, Schnittstellen und Prozessen erfordert Fachwissen.
- Kosten: Neben der Software können Kosten für Beratung, Integration und Mitarbeiterschulungen anfallen.
- Change Management: Die Umstellung erfordert eine Anpassung gewohnter Arbeitsabläufe im gesamten Unternehmen (Einkauf, Buchhaltung, IT).