I. Grundprinzipien und Charakter

 

Die deutsche Sozialversicherung ist eine gesetzliche Pflichtversicherung, die auf zwei fundamentalen Prinzipien beruht:

  1. Solidaritätsprinzip: Dies ist das tragende Fundament. Es bedeutet, dass die Gemeinschaft der Versicherten gemeinsam die Lasten trägt.
    • Starke Schultern tragen mehr als schwache: Beiträge werden prozentual vom Einkommen erhoben; Besserverdienende zahlen also absolut mehr als Geringverdienende, haben aber oft die gleichen Leistungsansprüche.
    • Gesunde tragen die Kosten für Kranke: Alle zahlen ein, aber nur diejenigen, die krank sind, nehmen Leistungen in Anspruch.
    • Junge finanzieren die Älteren (Generationenvertrag): Im Umlageverfahren der Rentenversicherung finanzieren die heutigen Beitragszahler die Renten der heutigen Ruheständler.
    • Kinderlose unterstützen Familien: Die Beiträge sind unabhängig von der Kinderzahl, die Leistungen (z.B. Familienversicherung in der KV) kommen aber Familien zugute.
  2. Äquivalenzprinzip: Dieses Prinzip gilt eingeschränkt und vor allem in der Rentenversicherung. Es besagt, dass die Höhe bestimmter Leistungen von der Höhe der zuvor eingezahlten Beiträge abhängt. Wer mehr und länger eingezahlt hat, erhält später eine höhere Rente.

Die Sozialversicherung wird durch die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger (z.B. Krankenkassen, Rentenversicherung) organisiert, in denen Vertreter von Versicherten und Arbeitgebern paritätisch mitwirken.

 

II. Die fünf Säulen der Sozialversicherung

 

Das System stützt sich auf fünf eigenständige Versicherungszweige, die unterschiedliche Risiken abdecken.

 

1. Krankenversicherung (KV)

  • Zweck: Sicherung der Gesundheit, Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.
  • Leistungen: Ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Heil- und Hilfsmittel sowie die Zahlung von Krankengeld nach Ablauf der 6-wöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber.
  • Beitragssatz 2025: 14,6 % allgemeiner Beitragssatz + individueller, kassenabhängiger Zusatzbeitrag (durchschnittlich ca. 1,7 %).
  • Finanzierung: Der Gesamtbeitrag (inkl. Zusatzbeitrag) wird je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen.

2. Pflegeversicherung (PV)

  • Zweck: Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit.
  • Leistungen: Finanzielle und sachliche Unterstützung für die Pflege zu Hause oder in einer Einrichtung, gestaffelt nach dem festgestellten Pflegegrad (1-5).
  • Beitragssatz 2025: 3,4 %.
  • Finanzierung: Grundsätzlich hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
    • Besonderheit 1 (Kinderlosenzuschlag): Kinderlose Mitglieder ab 23 Jahren zahlen einen Zuschlag von 0,6 %, den sie allein tragen.
    • Besonderheit 2 (Abschläge für Familien): Mitglieder mit mehreren Kindern unter 25 Jahren erhalten Abschläge auf ihren Arbeitnehmeranteil.
    • Besonderheit 3 (Sachsen): Hier tragen Arbeitnehmer einen höheren Anteil, da ein Feiertag zur Entlastung der Arbeitgeber beibehalten wurde.

3. Rentenversicherung (RV)

  • Zweck: Finanzielle Absicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und für Hinterbliebene.
  • Leistungen: Regelaltersrente, Erwerbsminderungsrenten, Witwen-/Waisenrenten sowie Rehabilitationsmaßnahmen ("Reha vor Rente").
  • Beitragssatz 2025: 18,6 %.
  • Finanzierung: Je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

4. Arbeitslosenversicherung (AV)

  • Zweck: Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit und Unterstützung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
  • Leistungen: Zahlung von Arbeitslosengeld (i.d.R. 60 % oder 67 % des pauschalierten Nettoentgelts), Berufsberatung, Vermittlung und Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen.
  • Beitragssatz 2025: 2,6 %.
  • Finanzierung: Je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

5. Gesetzliche Unfallversicherung (UV)

  • Zweck: Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie deren Folgen.
  • Leistungen: Deckt Arbeits- und Wegeunfälle (der Weg zur und von der Arbeit) sowie anerkannte Berufskrankheiten ab. Sie übernimmt die Kosten für Heilbehandlung, Rehabilitation, Umschulung und zahlt bei bleibenden Schäden eine Verletztenrente.
  • Finanzierung: Die Beiträge werden zu 100 % vom Arbeitgeber getragen. Die Höhe richtet sich nach der Gefahrenklasse des Betriebs und wird von der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse festgelegt.

 

III. Finanzierung und zentrale Grenzwerte 2025

 

Die Finanzierung erfolgt primär durch Beiträge, die prozentual vom Bruttoarbeitsentgelt berechnet werden. Hierbei gibt es wichtige Obergrenzen.

  • Beitragspflicht: Grundsätzlich sind alle Arbeitnehmer versicherungspflichtig. Bestimmte Personengruppen wie Beamte, Richter und die meisten Selbstständigen sind ausgenommen.
  • Einzugsstelle: Die Beiträge für KV, PV, RV und AV werden vom Arbeitgeber als Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die jeweilige Krankenkasse des Arbeitnehmers abgeführt. Diese leitet die Anteile an die anderen Träger weiter.

Zentrale Grenzwerte für 2025 (Prognosewerte für Westdeutschland):

  • Beitragsbemessungsgrenze (BBG): Dies ist das maximale Bruttoeinkommen, auf das Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden. Einkommensteile, die darüber liegen, sind beitragsfrei.
    • BBG (Renten- & Arbeitslosenversicherung): 7.750 € pro Monat
    • BBG (Kranken- & Pflegeversicherung): 5.225 € pro Monat
  • Versicherungspflichtgrenze / Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG): Diese Grenze ist nur für die Krankenversicherung relevant. Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Jahresgehalt diesen Wert übersteigt, sind nicht mehr krankenversicherungspflichtig. Sie können sich dann entscheiden, ob sie als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Kasse bleiben oder in eine private Krankenversicherung (PKV) wechseln.
    • JAEG: 69.900 € pro Jahr

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